Die
Linde
früher
Anno dazumal
Grießen in Klettgau und das Gasthaus Linde
Weiter unten folgt ein Einblick in das Büchlein „Grießen Hochrheingebiet – der kleine Urlaubsberater“ von ca. 1963.
Grießen liegt im Klettgau in Südbaden, nahe an der Grenze zur Schweiz. Das Dorf hat etwa 2000 Einwohner. Heute ist es ruhig dort. Der einzige Lebensmittelladen hat über Mittag geschlossen. Der abseits des Ortskerns gelegene Bahnhof, der früher eine Haltestelle der Hochrheinbahn war, ist nur noch ein Haltepunkt für Schüler. Die Busverbindungen sind auch nicht gut. Auf der Website der Gemeinde Klettgau steht zwar: ,,Die Ortsteile der Gemeinde Klettgau verfügen über einen guten Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr.“ Für Grießen trifft das sicher nicht zu. Ich bin einige Male von Erzingen aus zu Fuß gelaufen, weil kein Bus fuhr.
Früher war das anders. Grießen war aufgrund seiner zentralen Lage mitten im Klettgau und dem Recht, Märkte abhalten zu dürfen, ein wichtiger gesellschaftlicher Anlaufpunkt für die ganze Region. Ein beliebter Treffpunkt im Dorf waren Gaststätten. Damals wurde zwischen Realgastwirtschaften und Restaurationen unterschieden. Realgastwirtschaften durften sowohl Speisen und Trank anbieten als auch Übernachtungsgäste beherbergen, wofür entsprechende Räumlichkeiten vorhanden sein mussten. Eine Restauration dagegen war eine reine Schank- und Speisenwirtschaft und durfte keine Übernachtungsgäste aufnehmen. Das Recht des Branntweinausschanks wurde extra erteilt.
Eines der ältesten Gasthäuser im Ort war die Linde. Die Familie Spitznagel betrieb es über mehrere Generationen. Das Gebäude existiert heute noch. Bei meinem Besuch im Jahr 2022 wohnte der letzte Lindenwirt noch dort. Es wurde aber nicht mehr bewirtschaftet. Der Gastbetrieb wurde bereits 1989 eingestellt.
Die Wirtschaft wurde angeblich schon seit unerdenklicher Zeit betrieben. Wann genau die Konzession erteilt wurde, ist nicht mehr zu ermitteln.
Aus einem Dokument geht hervor, dass ein Joseph Anton Spitznagel 1780 Stubenwirt in Grießen war. Sicher ist, dass in den Taufeinträgen der Kinder meines Vorfahren Anton Spitznagel (1734-1809) ab 1760 als Berufsbezeichnung des Vaters „hospes“ steht, was Gastfreund, Gastgeber heißt. Ob es sich bei Joseph Anton um Anton Spitznagel handelt, geht aus dem Dokument nicht hervor. Es ist aber sehr wahrscheinlich. Allerdings steht der Vorname Joseph nicht im Taufeintrag. Dies hat aber nichts zu sagen, weil Anton Spitznagel nicht der Einzige wäre, dessen Name nachträglich geändert wurde. Bei seiner Nachfahrin Marie steht im Taufeintrag „Anna“, woraus Anna Maria und schließlich Marie wurde. In einem anderen Dokument hat der Tavernenwirt Joseph Anton Spitznagel nur den Vornamen Anton.
Der vorherige Tavernenwirt hieß Burkard Spitznagel (1731 -1795) und war kein naher Verwandter von Anton Spitznagel. Er hatte nur ein befristetes Tavernenrecht für drei Jahre erhalten. 1780 wollte er die Zapfenwirtschaft nicht länger beibehalten. So kam Anton Spitznagel zu der Tavernen-Wirtschaftsgerechtigkeit. 1785 war er alleiniger Tavernenwirt in Grießen und wollte dies auch bleiben.
1788 bat der Bäcker und Zapfenwirt Konrad Stoll um die Erteilung des Tavernenrechts. Sein Gesuch wurde abgewiesen mit der Begründung, Anton Spitznagel habe 1785 das alleinige Tavernenrecht für sich und einen seiner Söhne von der Herrschaft (den Herren zu Schwarzenberg) ausschließend erkauft. Erst nach deren Abgang könne neu entschieden werden. Zuvor könne die gnädigste Herrschaft keiner zweiten Taverne oder anderen Gastwirtschaft in dem Ort Grießen Konzession erteilen. 1792 bat ein Bäcker namens Johann Schmid um die Tavemengerechtigkeit.
Auch aus diesem Gesuch geht hervor, dass es damals nur eine Gastwirtschaft in Grießen gab. Der Wirt Anton Spitznagel verdiente zusätzlich als Bauer und „Nebenbeck“ Geld. Wie Stoll einige Jahre zuvor schrieb auch Schmid, dass es für die Gemeinde Grießen nützlicher sei, wenn es zwei Tavernen gebe. Schmid wurde auf später vertröstet, sein Gesuch wurde vorerst aus denselben Gründen wie dasjenige von Stoll abgewiesen.
Wenn die Linde seit langer Zeit betrieben wurde und 1792 nur eine Gastwirtschaft in Grießen war, muss diese die Linde gewesen sein. Der Wirt Anton Spitznagel war somit der Großvater von Alois Spitznagel II.
Offenbar versuchte Anton Spitznagel als Reaktion auf Schmids Gesuch, die Eröffnung weiterer Wirtschaften in Grießen komplett zu verhindern.
Dieses Gesuch wurde aber ebenfalls abgewiesen, weil die Herren zu Schwarzenberg kein Tavernen Monopol an die Familie des Anton Spitznagel verleihen wollten.
Anton Spitznagel war wahrscheinlich der erste Gastwirt meiner Spitznagel-Vorfahren.
Bei dem Sohn handelt es sich allerdings nicht um seinen jüngsten Sohn Alois Spitznagel (Taufname Aloysius von Gonzaga4, 1777 – 1817), der die Wirtschaft später wahrscheinlich übernahm, sondern um den ältesten Sohn Fidel (1760 – 1842), der Bauer in Grießen wurde. Üblicherweise wurde eine Gastwirtschaft dem jüngsten Sohn vermacht, damit die Eltern sie lange bewirtschaften konnten. Alois Spitznagel I wurde 1777 geboren und war somit erst acht Jahre alt, als Anton Spitznagel 1785 das Tavernenrecht kaufte, Fidel dagegen war bereits um die 25. Vielleicht konnte das Tavernenrecht nur dem bereits erwachsenen Sohn erteilt werden.
Unklar ist, wann genau das Gasthaus Linde erbaut wurde. Claus Spitznagel bezeichnet in seinem Stammbaum bereits Anton Spitznagel als „Lindenwirt“. In keiner der Akten wird dieser Name aber zu dieser frühen Zeit erwähnt. 1848 taucht in einer Akte der Name „Zum grünen Baum“ auf, Inhaber Alois Spitznagel, 1849 wird Alois Spitznagel II als „Lindenwirt“ bezeichnet. Damals gab es zwei Gastwirtschaften in Grießen, nämlich diejenige des Alois Spitznagel und die Gastwirtschaft Zum Hirschen, Inhaberin war Magdalena Schilling, Witwe des Johann Nepomuk Spitznagel. Der Kranz existierte zwar auch schon, hatte aber nicht den Status einer Realwirtschaft, sondern nur denjenigen einer Restauration.
„Grießen Hochrheingebiet – der kleine Urlaubsberater“, Säntis Verlag Kressbronn
Die „Linde“ ist das Start- und Impulsprojekt der Regionalentwicklungsgenossenschaft KlettGeno, dem noch viele weitere folgen sollen….
Sei Teil der Bewegung und mach mit!
Was Wird?
Neues Leben in der Linde
Mit all ihren Räumlichkeiten bietet die Linde sehr viel Platz und Möglichkeiten – doch was soll werden?
Mit einem umfangreichen Bürgerbeteiligungsprozess und Umfragen konnten wir viele Stimmen einholen und Erkenntnisse gewinnen. Darauf basierend wird momentan das Betriebskonzept ausgearbeitet.
Zur Nutzung des gesamten Gebäudekomplexes sind Sanierungsarbeiten notwendig. Sowohl das Dach als auch im Inneren des Gebäudes zeigt sich Handlungsbedarf. Die Themen Brandschutz und Barrierefreiheit sind dabei nur einige Aspekte, die es zu klären, planen und umzusetzen gilt.
Wer steckt dahinter?
Die Anfang 2023 gegründete Regionalentwicklungsgenossenschaft “KlettGeno eG” . Sie hat sich Ziele für eine sozial, wirtschaftlich und ökologisch regenerative (wieder-aufbauende) Entwicklung der Daseinsvorsorge im Klettgau gesetzt, wie zB. allengerechtes Wohnen, neue Mobilitäts- und Energiekonzepte, Selbstversorgung – aber auch Gemeinschaft und Kultur.
Allgemeine Fragen & Antworten zur Genossenschaft
Fazit aus den Umfragen
Die Bürger von Klettgau, insbesondere aus Grießen, sind sehr an kulturellen, gastronomischen und bildungsbezogenen Angeboten im Gasthaus Linde interessiert.
Es gibt ein starkes Interesse an Gemeinschaftsaktivitäten wie gemeinsamem Kochen und Workshops.
Das Gasthaus Linde hat das Potenzial, ein zentraler Treffpunkt für verschiedene Altersgruppen zu werden.
Und nun?
Die Ergebnisse aus den Umfragen fließen in das neue Nutzungskonzept ein. Um die Linde zu sanieren und mit kulturellen, sozialen und nachhaltigen Angeboten zu betreiben, braucht es 1. Kapital und 2. sichere Einnahmen. Zu Punkt 1 freuen wir uns über jedes neue Mitglied 😁 (1 Genossenschafts-Anteil kostet 250 EUR). Die Mittel für den Betrieb, laufende Kosten und Rückstellungen sollen durch den Ausbau und die Vermietung von Gästezimmern generiert werden.